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Betriebsschließungsversicherung in der Corona-Krise

Betriebsschließungsversicherung in der Corona-Krise

Exkurs: Sonstiger Versicherungsschutz in der Corona-Krise

Die Corona-Krise ist nicht nur temporär, sondern darüber hinaus final eine Bedrohung der Unternehmen in ihrer wirtschaftlichen Existenz. Durch behördliche Anordnungen (sog. Allgemeinverfügungen) ist der Betrieb von zahlreichen Unternehmen tangiert, nicht nur Einzelhandel, Friseurgeschäfte, Veranstaltungsagenturen (indirekt), Restaurants, Cafes etc.

Einige – nicht viele – Unternehmen (natürliche Personen, sowie Gewerbetreibende, aber auch juristische Personen), haben eine

gewerbliche Betriebsschließungsversicherung

abgeschlossen.

Sofern ein Unternehmen einen derartigen Versicherungsvertrag (Police) abgeschlossen hat, ist Folgendes zu beachten.

1.

Der Versicherungsfall im Rahmen der Betriebsschließungsversicherung ist die durch die „zuständige Behörde“ veranlasste Schließung des Unternehmens und zwar wegen einer Infektion, einer Krankheit oder einem Krankheitserreger nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) oder einem Krankheitserreger nach dem IfSG oder einem Tätigkeitsverbot für die Mitarbeiter aufgrund der Regelungen des IfSG.

In den Versicherungsbedingungen werden regelmäßig die Krankheiten, die zur Betriebsschließung führen, benannt (§ 6 IfSG) und auch die Krankheitserreger werden nach § 7 IfSG definiert.

Selbstverständlich ist – da bei Abfassung und Novellierung des IfSG der Erreger 2019-nConV nicht bekannt war – dieser Erreger weder im Katalog der Versicherungsbedingungen, noch in § 7 IfSG aufgeführt. Der Erreger 2019-nConV wurde nicht in das IfSG aufgenommen, sondern lediglich die Meldepflicht durch die „Verordnung“ für die Aufzählung der Meldepflicht nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und § 7 Abs. 1 S. 1 IfSG auf Infektionen mit diesem Virus aufgenommen, der erstmals im Dezember 2019 in Wuhan/VR China aufgetreten ist. Die Argumentation der Versicherer, die eine Leistung ablehnen, da in den Versicherungsbedingungen das Corona-Virus nicht aufgenommen ist, überzeugt nicht, denn das dynamische virale Geschehen und das Mutieren von Viren sind im Wege der Auslegung unter den Deckungsschutz einzubeziehen.

Sofern die Betriebsschließung durch Allgemeinverfügung erfolgt ist, wie z.B. im Einzelhandel, Friseurgeschäften, Gaststätten etc. ist diese Allgemeinverfügung einer Einzelverfügung gleichzustellen, denn die Auswirkungen der Allgemeinverfügungen sind im Einzelfall wie individuelle, unternehmensbezogene Betriebsstillegungen zu beurteilen. Damit macht es keinen Unterschied, ob die Betriebsschließung durch die Gesundheitsbehörde oder durch die Landesregierung aufgrund einer Allgemeinverfügung erfolgt ist oder nicht. Wichtig ist – wie durchgängig zu bejahen –, dass die Betriebsschließung hoheitlich angeordnet ist.

2.

Der Umfang des Versicherungsschutzes begrenzt sich im Schadensfall – regelmäßig – auf den Ertragsausfall, wobei in nahezu allen gängigen Policen die Haftzeit auf 30 Tage begrenzt ist, sowie weitere Kosten sich nur beziehen auf Lohnkosten und Kosten aus den Dauerschuldverhältnissen.

Praxistipp: Da es keine Musterbedingungen für die Betriebsschließungsversicherung gibt, hat jeder Versicherer eigene Bedingungen entwickelt. Stets ist im Einzelfall, unter Heranziehung des Versicherungsvertrages (Police), die Deckung zu prüfen.

 

Exkurs: Deckungsschutz weiterer Versicherungen

1.

Berufsunfähigkeitsversicherung

Die Berufsunfähigkeitsversicherung deckt den individuellen Versicherungsanspruch des Versicherungsnehmers ab, der aufgrund des Corona-Virus berufsunfähig wurde. Die Versicherungsleistung ist das vereinbarte Entgelt pro Tag der Berufsunfähigkeit. Die Berufsunfähigkeit ist temporär und endet mit der Gesundung des Versicherungsnehmers. Die Einstellung der betrieblichen Tätigkeit des Versicherungsnehmers oder die Nichtbeschäftigung des Versicherungsnehmers durch seinen Arbeitgeber begründet keine Berufsunfähigkeit.

2.

Betriebliche Altersversorgung

Ansprüche aus einer betrieblichen Altersversorgung entstehen bei Eintritt in den Ruhestand (Bedingung für den Versicherungsfall) und haben mit einer pandemiebedingten Schließung eines Unternehmens nichts zu tun.

3.

Betriebsunterbrechungsversicherung

Die Betriebsunterbrechungsversicherung ist von der Betriebsschließungsversicherung zu unterscheiden (vgl. oben). die Betriebsunterbrechungsversicherung definiert den Versicherungsfall als Folge eines Sachschadens, der auf Brand, Diebstahl, Sturm oder sonstiger Naturgefahren zurück zu führen ist. Das Pandemierisiko durch das Corona-Virus ist keine Gefahr i.S.d. Betriebsunterbrechungsversicherung.

4.

Kreditversicherung

Versicherungsnehmer sind die Lieferanten, Produzenten im Direktvertrieb etc. und der Versicherungsfall ist der Umstand, dass der Abnehmer (regelmäßig der Käufer) die Rechnung nicht bezahlen kann. In diesem Fall wird bei Forderungsausfall die Rechnung vom Kreditversicherer beglichen. Regelmäßig kommt es – aufgrund der gängigen Policen – nicht darauf an, warum der Abnehmer, also der Vertragspartner des Versicherungsnehmers, die Forderung nicht bezahlen kann.

5.

Veranstaltungsausfallversicherung

Regelmäßig (die einzelne Police ist zu überprüfen) sichern sich die Veranstalter von Konzerten, Messen etc. gegen finanzielle Schäden ab, durch Abschluss einer Veranstaltungsausfallversicherung ab, wenn diese geplanten Veranstaltungen ausfallen. Die Untersagung der Veranstaltung (Konzert, Messe etc.) durch Hoheitsakt ist der Versicherungsfall.

Praxistipp: Bei der Veranstaltungsausfallversicherung ist zu prüfen – Versicherungsschutz fremder Interessen – ob und unter welchen Umständen Dritte, wie der Messebauer, der Cateringunternehmer, der Bühnenaufbauer etc. unter den Versicherungsschutz fällt.

6.

Private Auslandskrankenversicherung

Regelmäßig übernimmt die private Auslandskrankenversicherung die Kosten für die medizinische Behandlung wegen einer Corona-Virusinfektion im Ausland.

7.

Reiserücktrittsversicherung

Eine Reiserücktrittsversicherung deckt – im Einzelfall aufgrund des Versicherungsvertrags (Police) zu überprüfen – evtl. Stornokosten, jedoch in keinem Falle wird Deckung gewährt, wenn eine behördlich angeordnete Quarantäne oder ein behördlich angeordnetes Reiseverbot die Reise unmöglich macht.

Praxistipp: Der Versicherungsfall in der Reiserücktrittsversicherung kann dadurch umgangen werden, wenn der Reisevertrag aufgrund „unvermeidbarer und außergewöhnlicher Umstände“ gekündigt wird. Dann liegen die Voraussetzungen für eine Stornierung vor.

8.

Restschuldbefreiung

Glück mag derjenige haben, der eine Restschuldbefreiung abgeschlossen hat, denn diese zahlt die Restschulden aus einem Darlehensvertrag etc. regelmäßig und ohne Überprüfung des Grundes der Nichtzahlung der Verbindlichkeiten. So kann auch Kurzarbeit aufgrund der Corona-Epedemie Leistungen gegenüber der Restschuldversicherung auslösen.

Dr Reinhard Th. Schmid
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Insolvenzrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Rechtsanwälte Schmid & Stillner PartGmbB, Stuttgart